Realität in Filmen und Fernsehserien ?
Verfasst: 01.09.2010, 01:35
Realität in Filmen und Fernsehserien ?
Welche Realitätsansprüche sollte eine Filmkritik an einen Film stellen ?
Beispiel: Filmkritik zu „Stormbreaker“
Hallo, nachdem ich über die Filmkritik zu „Stormbreaker“ gestolpert bin, die mir an einigen Stellen nicht so gut gefallen hat, möchte ich hier mal über die Frage diskutieren, wie realistisch Filme und Serien sind und welche Ansprüche wir in diesem Bereich stellen können/sollten.
http://www.myfanbase.de/index.php?mid=774&tid=2529
Im Gegensatz zur Filmkritikerin bin ich nämlich der Meinung, dass Filme und auch Serien in der Regel fictional sind, also erfundene Geschichten, die nicht unbedingt exakt realistisch sein müssen.
Nun wird also von der Filmkritikerin kritisiert, dass es der Protagonist, bei dem es sich laut Drehbuch um einen 14-jährigen Karateexperten mit schwarzem Gürtel handeln soll, es mit sechs „Muskelpaketen“ auf einmal aufnimmt.
Dazu ist zunächst festzustellen, dass es ja gerade Sinn und Zweck asiatischer Kampfsportarten ist, es mit mehreren oder kraftmäßig überlegenen Gegnern aufnehmen zu können, in dem man so kämpft, dass der Gegner seine Kraft entweder nicht einsetzen kann oder die Kraft des Gegners ausnutzt, um ihn zu besiegen. Und auf den Einfall, mit einem Schiffs-Tau als Waffe zu kämpfen, muss man auch erstmal kommen. Deswegen finde ich, sowohl der Kampf-Choreograph, und die Stunt-Leute als auch Hauptdarsteller Alex Pettyfer, der später rückblickend sagte, diese Szene habe zu den anstrengendsten der ganzen Dreharbeiten gehört, haben ihre Sache recht gut gemacht.
Übrigens waren es auch nur fünf Männer, und nicht bei allen würde ich die Beschreibung "Muskelpaket" zutreffend finden.
Nun wie realistisch sind denn überhaupt so die Filme und Serien, die wir täglich vorgesetzt bekommen ? Nehmen wir beispielsweise mal „Speed“ (1994, Keanu Reeves+Sandra Bullock). Dort ist lt. Drehbuch eine Lücke in einer Autobahnbrücke, die der Bus mit viel Schwung überspringen muss.
Tja, welche physikalischen Kräfte wirken denn da so ? Da haben wir zum einen das Trägheitsprinzip, welches den Bus in der Richtung in Bewegung hält, die er vor dem Sprung hatte. Zweitens haben wir die Erdbeschleunigung von 9,81 m/s2, welcher normalerweise eine gleich große Gegenkraft der Straße nach oben entgegenwirkt, die über die Reifen auf den Bus einwirkt. Sobald der Bus jedoch den Kontakt zum Boden verliert, entfällt die nach oben gerichtete Kraft, so dass der Bus durch die Erdbeschleunigung mach unten fällt. Nach den physikalischen Gesetzen müsste der Bus also durch die beiden Kräfte der Trägheit und der Erdbeschleunigung in Fahrtrichtung parabelförmig nach unten fallen, wobei zunächst der horizontale Anteil überwiegt, der Bus dann aber in Fahrtrichtung immer langsamer werden müsste, während die Fallgeschwindigkeit zunimmt.
Welche Geisterhand oder Telekinese den Bus aber im Film nunmehr nach oben springen lässt, wird wohl Geheimnis des Drehbuchautors bleiben.
Bei den Dreharbeiten hat man hierfür nach oben gerichtete Rampen verwendet, die natürlich im Film nicht zu sehen sind.
Dies ist aber kein Einzelfall, sondern die Regel im Film. Als weiteres Beispiel sei eine Folge der französischen Taxi-Filmserie erwähnt, wo der Wagen der Mercedes-Bande in gleicher Weise ein fehlendes Autobahn-Brückenstück überspringt.
Aber auch in vielen Action-Filmen und -Serien (z.B. „The Dukes of Hazard“, „Alarm für Cobra 11“ uvam.) springen Autos während wilder Verfolgungsjagden durch die Luft und fahren danach völlig intakt weiter und nehmen an der Verfolgungsjagd teil.
Nun ist es aber so, dass normale Autos solche Sprünge bzw. genauer gesagt die Landung nicht überstehen können. Zum einen wird bei der Landung oft der schwere Motorblock auf den Boden aufschlagen, was aufgrund der Vorwärtsbewegung des Fahrzeuges dazu führt, dass der Motorblock einen Drehimpuls um die Querachse erhält, sich im Motorraum dreht und der Getriebekopf abreißt. Das bedeutet Totalschaden, eine Weiterfahrt ist nicht möglich.
Aber auch ohne die verheerende Drehung des Motors würden Karosserie und Fahrgestell so stark verformt, dass eine Weiterfahrt nicht möglich wäre.
Bei den Filmaufnahmen dreht man entweder die weitere Verfolgungsjagd vor der Sprungszene oder verwendet ein anderes, gleich aussehendes Auto für die weiteren Aufnahmen.
Bei „Alarm für Cobra 11“ werden den Zuschauern auch immer wieder angebliche „Sprungrampen“ untergeschoben, die erklären sollen, warum die Autos durch die Luft fliegen, z.B. der Aufbau eines Abschleppwagens. Dabei sieht der Zuschauer, wie der BWM von hinten mit Geschwindigkeit auf die Rampe des Abschleppwagens auffährt, allerdings aufgenommen seitlich von vorne. Dann wird geschnitten, und im nächsten Moment sieht man den Wagen schon in der Luft fliegen. Was nicht gezeigt werden kann, ist, wie der Wagen von dem Abschleppwagen abspringt, weil nämlich vorne am Abschleppwagen die Fahrerkabine ist, die beim Sprung im Weg wäre, weswegen der PKW normalerweise nicht springen sondern in die Fahrerkabine einschlagen würde.
Und wie viele Filme habe ich schon gesehen, in denen Autos plötzlich hochspringen und mit Hubschraubern zusammenstoßen. Wenn das realistisch wäre, wäre das Fliegen mit Hubschraubern höchst gefährlich.
Kommen wir aber zurück zu Kampfszenen: In den asiatischen Kampfsportfilmen (z.B. „Shaolin Basketball Hero“, „Revenge of the Warrior“, „Ong Bak“, zahlreichen Jackie Chan Filmen) nehmen es die (teilweise bereits durch Messerstiche etc. erheblich verletzten) Protagonisten teilweise mit Duzenden oder 50 Gegnern auf, das ist mit Sicherheit, auch wenn man sich die Kampfszenen im Detail ansieht, extrem weit weniger realistisch als die Schrottplatz-Kampfszene von „Stormbreaker“.
Nun scheint ja die Kritikerin eine Menge von James-Bond-Filmen zu halten, Aber mal ehrlich, in „007 jagt Dr. No“ will sich der verrückte Wissenschaftler Dr. No mit seiner Verbrecherorganisation S.P.E.C.T.R.E. an den USA für die Missachtung seiner wissenschaftlichen Fähigkeiten dadurch rächen, dass er amerikanische Weltraumraketen „toppelt“ (dadurch sollen sie abstürzen). Mal abgesehen davon, dass dieses „Toppling“ der größte Schwachsinn ist, also bestimmt nicht realistisch ist, wieso soll der durchgeknallte Dr. No realistischer sein als der durchgeknallte Millionär Darrius Sayle in „Stormbraker“, der englische Schulkinder durch ein tödliches Virus umbringen will, um sich für das Mobbing an englischen Schulen in seiner Kindheit zu rächen ?
Und mal ehrlich, ein erwachsener James Bond ist auch nicht gerade realistischer als ein jugendlicher Agent Alex Rider, denn wenn es so einen Agenten wie James Bond tatsächlich gäbe, wäre er wohl aller spätestens nach dem zweiten Einsatz tot. Bei den tatsächlichen Spionen handelt es sich nicht um irgendwelche Superhelden, sondern um ganz normale verletzliche Menschen mit allen Fehlern und Schwächen.
Von daher finde ich die Figur des Alex Rider jedenfalls im Gesamteindruck deutlich realistischer als die von James Bond.
Zusammenfassend lässt sich sagen, das Filme und Serien immer ein Produkt der Fantasie und damit nie völlig realistisch sind.
Wie stark einem das auffällt oder einen stört, hängt sehr vom Geschick des Regisseurs ab, aber auch davon, wie glaubhaft die Hauptdarsteller ihre Figur personifizieren, und hier kann ich der Kritikerin endlich auch mal zustimmen, weil die Hauptrolle von „Stormbreaker“ mit Alex Pettyfer hervorragend besetzt ist. Was die James Bond Filme betrifft, würde ich allerdings nicht alle James-Bond-Darsteller in einen Sack stecken wollen, ich fand sie nämlich unterschiedlich gut. Wenn ich daher Alex Pettyfer mit den James-Bond-Darstellern vergleichen würde, wäre er bei mir auf jeden Fall nicht ganz unten auf der Liste.
Welche Realitätsansprüche sollte eine Filmkritik an einen Film stellen ?
Beispiel: Filmkritik zu „Stormbreaker“
Hallo, nachdem ich über die Filmkritik zu „Stormbreaker“ gestolpert bin, die mir an einigen Stellen nicht so gut gefallen hat, möchte ich hier mal über die Frage diskutieren, wie realistisch Filme und Serien sind und welche Ansprüche wir in diesem Bereich stellen können/sollten.
http://www.myfanbase.de/index.php?mid=774&tid=2529
Im Gegensatz zur Filmkritikerin bin ich nämlich der Meinung, dass Filme und auch Serien in der Regel fictional sind, also erfundene Geschichten, die nicht unbedingt exakt realistisch sein müssen.
Nun wird also von der Filmkritikerin kritisiert, dass es der Protagonist, bei dem es sich laut Drehbuch um einen 14-jährigen Karateexperten mit schwarzem Gürtel handeln soll, es mit sechs „Muskelpaketen“ auf einmal aufnimmt.
Dazu ist zunächst festzustellen, dass es ja gerade Sinn und Zweck asiatischer Kampfsportarten ist, es mit mehreren oder kraftmäßig überlegenen Gegnern aufnehmen zu können, in dem man so kämpft, dass der Gegner seine Kraft entweder nicht einsetzen kann oder die Kraft des Gegners ausnutzt, um ihn zu besiegen. Und auf den Einfall, mit einem Schiffs-Tau als Waffe zu kämpfen, muss man auch erstmal kommen. Deswegen finde ich, sowohl der Kampf-Choreograph, und die Stunt-Leute als auch Hauptdarsteller Alex Pettyfer, der später rückblickend sagte, diese Szene habe zu den anstrengendsten der ganzen Dreharbeiten gehört, haben ihre Sache recht gut gemacht.
Übrigens waren es auch nur fünf Männer, und nicht bei allen würde ich die Beschreibung "Muskelpaket" zutreffend finden.
Nun wie realistisch sind denn überhaupt so die Filme und Serien, die wir täglich vorgesetzt bekommen ? Nehmen wir beispielsweise mal „Speed“ (1994, Keanu Reeves+Sandra Bullock). Dort ist lt. Drehbuch eine Lücke in einer Autobahnbrücke, die der Bus mit viel Schwung überspringen muss.
Tja, welche physikalischen Kräfte wirken denn da so ? Da haben wir zum einen das Trägheitsprinzip, welches den Bus in der Richtung in Bewegung hält, die er vor dem Sprung hatte. Zweitens haben wir die Erdbeschleunigung von 9,81 m/s2, welcher normalerweise eine gleich große Gegenkraft der Straße nach oben entgegenwirkt, die über die Reifen auf den Bus einwirkt. Sobald der Bus jedoch den Kontakt zum Boden verliert, entfällt die nach oben gerichtete Kraft, so dass der Bus durch die Erdbeschleunigung mach unten fällt. Nach den physikalischen Gesetzen müsste der Bus also durch die beiden Kräfte der Trägheit und der Erdbeschleunigung in Fahrtrichtung parabelförmig nach unten fallen, wobei zunächst der horizontale Anteil überwiegt, der Bus dann aber in Fahrtrichtung immer langsamer werden müsste, während die Fallgeschwindigkeit zunimmt.
Welche Geisterhand oder Telekinese den Bus aber im Film nunmehr nach oben springen lässt, wird wohl Geheimnis des Drehbuchautors bleiben.
Bei den Dreharbeiten hat man hierfür nach oben gerichtete Rampen verwendet, die natürlich im Film nicht zu sehen sind.
Dies ist aber kein Einzelfall, sondern die Regel im Film. Als weiteres Beispiel sei eine Folge der französischen Taxi-Filmserie erwähnt, wo der Wagen der Mercedes-Bande in gleicher Weise ein fehlendes Autobahn-Brückenstück überspringt.
Aber auch in vielen Action-Filmen und -Serien (z.B. „The Dukes of Hazard“, „Alarm für Cobra 11“ uvam.) springen Autos während wilder Verfolgungsjagden durch die Luft und fahren danach völlig intakt weiter und nehmen an der Verfolgungsjagd teil.
Nun ist es aber so, dass normale Autos solche Sprünge bzw. genauer gesagt die Landung nicht überstehen können. Zum einen wird bei der Landung oft der schwere Motorblock auf den Boden aufschlagen, was aufgrund der Vorwärtsbewegung des Fahrzeuges dazu führt, dass der Motorblock einen Drehimpuls um die Querachse erhält, sich im Motorraum dreht und der Getriebekopf abreißt. Das bedeutet Totalschaden, eine Weiterfahrt ist nicht möglich.
Aber auch ohne die verheerende Drehung des Motors würden Karosserie und Fahrgestell so stark verformt, dass eine Weiterfahrt nicht möglich wäre.
Bei den Filmaufnahmen dreht man entweder die weitere Verfolgungsjagd vor der Sprungszene oder verwendet ein anderes, gleich aussehendes Auto für die weiteren Aufnahmen.
Bei „Alarm für Cobra 11“ werden den Zuschauern auch immer wieder angebliche „Sprungrampen“ untergeschoben, die erklären sollen, warum die Autos durch die Luft fliegen, z.B. der Aufbau eines Abschleppwagens. Dabei sieht der Zuschauer, wie der BWM von hinten mit Geschwindigkeit auf die Rampe des Abschleppwagens auffährt, allerdings aufgenommen seitlich von vorne. Dann wird geschnitten, und im nächsten Moment sieht man den Wagen schon in der Luft fliegen. Was nicht gezeigt werden kann, ist, wie der Wagen von dem Abschleppwagen abspringt, weil nämlich vorne am Abschleppwagen die Fahrerkabine ist, die beim Sprung im Weg wäre, weswegen der PKW normalerweise nicht springen sondern in die Fahrerkabine einschlagen würde.
Und wie viele Filme habe ich schon gesehen, in denen Autos plötzlich hochspringen und mit Hubschraubern zusammenstoßen. Wenn das realistisch wäre, wäre das Fliegen mit Hubschraubern höchst gefährlich.
Kommen wir aber zurück zu Kampfszenen: In den asiatischen Kampfsportfilmen (z.B. „Shaolin Basketball Hero“, „Revenge of the Warrior“, „Ong Bak“, zahlreichen Jackie Chan Filmen) nehmen es die (teilweise bereits durch Messerstiche etc. erheblich verletzten) Protagonisten teilweise mit Duzenden oder 50 Gegnern auf, das ist mit Sicherheit, auch wenn man sich die Kampfszenen im Detail ansieht, extrem weit weniger realistisch als die Schrottplatz-Kampfszene von „Stormbreaker“.
Nun scheint ja die Kritikerin eine Menge von James-Bond-Filmen zu halten, Aber mal ehrlich, in „007 jagt Dr. No“ will sich der verrückte Wissenschaftler Dr. No mit seiner Verbrecherorganisation S.P.E.C.T.R.E. an den USA für die Missachtung seiner wissenschaftlichen Fähigkeiten dadurch rächen, dass er amerikanische Weltraumraketen „toppelt“ (dadurch sollen sie abstürzen). Mal abgesehen davon, dass dieses „Toppling“ der größte Schwachsinn ist, also bestimmt nicht realistisch ist, wieso soll der durchgeknallte Dr. No realistischer sein als der durchgeknallte Millionär Darrius Sayle in „Stormbraker“, der englische Schulkinder durch ein tödliches Virus umbringen will, um sich für das Mobbing an englischen Schulen in seiner Kindheit zu rächen ?
Und mal ehrlich, ein erwachsener James Bond ist auch nicht gerade realistischer als ein jugendlicher Agent Alex Rider, denn wenn es so einen Agenten wie James Bond tatsächlich gäbe, wäre er wohl aller spätestens nach dem zweiten Einsatz tot. Bei den tatsächlichen Spionen handelt es sich nicht um irgendwelche Superhelden, sondern um ganz normale verletzliche Menschen mit allen Fehlern und Schwächen.
Von daher finde ich die Figur des Alex Rider jedenfalls im Gesamteindruck deutlich realistischer als die von James Bond.
Zusammenfassend lässt sich sagen, das Filme und Serien immer ein Produkt der Fantasie und damit nie völlig realistisch sind.
Wie stark einem das auffällt oder einen stört, hängt sehr vom Geschick des Regisseurs ab, aber auch davon, wie glaubhaft die Hauptdarsteller ihre Figur personifizieren, und hier kann ich der Kritikerin endlich auch mal zustimmen, weil die Hauptrolle von „Stormbreaker“ mit Alex Pettyfer hervorragend besetzt ist. Was die James Bond Filme betrifft, würde ich allerdings nicht alle James-Bond-Darsteller in einen Sack stecken wollen, ich fand sie nämlich unterschiedlich gut. Wenn ich daher Alex Pettyfer mit den James-Bond-Darstellern vergleichen würde, wäre er bei mir auf jeden Fall nicht ganz unten auf der Liste.