Ich habe ein wenig Schwierigkeiten damit, hier breit und lang meine Meinung darzulegen, da es eineinhalb Jahre her ist, als ich die erste Staffel gesehen habe, mich dementsprechend an gewisse Punkte gar nicht mehr erinnern kann oder Angst habe, für die zweite Staffel zu spoilern, weil ich das Geschehen teilweise nicht trennen kann, und weil ich deinem Staffelfazit eigentlich nur Recht geben kann.
Den Aspekt der Einsamkeit der einzelnen Charaktere als roten Faden zu nehmen, der sich durch die Staffel zieht, gefällt mir sehr gut. Auf der einen Seite das großspurige und selbstsichere Verhalten im Berufsleben, auf der anderen Seite das problembehaftete und teilweise richtiggehend traumatische Privatleben, das man versucht zu kompensieren, indem man sich im Beruf so verhält wie man es eben tut. Bei denjenigen, wo man Einblick in das Privatleben bekommt (Don, Pete, Roger, Peggy und Betty) ist genau das nämlich der Fall. Alle versuchen, sich möglichst perfekt zu geben, damit ihnen auch ja nichts zur Last gelegt werden kann, da ja irgendwie alles als Schwäche angesehen und sofort ausgeschlachtet werden könnte (siehe Dons Privatfotos).
"Mad Men" hat ein recht langsames Erzähltempo, was bei charakterbasierten Serien aber relativ oft der Fall ist und weswegen ich damit auch keinerlei Probleme habe, im Gegenteil. Durch das Tempo bekommt man regelrechte Persönlichkeitsprofile der einzelnen Charaktere, die das Ganze so faszinierend machen. Das 60er Jahre Setting ist daher auch ein guter "Aufhänger", um erstmal angefixt zu sein, weil es so detailverliebt dargestellt wird und viele Leute einen derartigen Einblick in die Zeit damals bisher gar nicht hatten - auch wenn der durchschnittliche "Mad Men" Zuschauer sich anscheinend ja doch deutlich von der üblichen Zielgruppe einer TV-Serie absetzt und größtenteils Besserverdienende ab 30 anspricht.
Von den einzelnen Charakteren her übt Don natürlich die größte Faszination aus, nachdem er der Dreh- und Angelpunkt ist, derjenige, aus dessen Sicht "Mad Men" praktisch erzählt wird. Und sich mal so eben eine neue Identität zuzulegen ist ja trotz alledem erst mal recht ungewöhnlich und diese eine Episode in der erste Staffel, die was von seinem früheren Leben gezeigt hat, ist
viel zu wenig.

Peggy kommt dann ganz knapp dahinter als interessanteste Figur, weil man über ihr Privatleben ja auch relativ wenig weiß und man natürlich wissen möchte, wie es dazu kam, dass sie teilweise über Leichen zu gehen scheint, obwohl sie dabei immer einen möglichst naiv-kindlichen Eindruck zu machen scheint - was aber natürlich auch viel mit ihrem Äußeren zusammenhängt. Bei Joan als Queen Bee ist das Auftreten gleich ein ganz anderes.
Insgesamt lässt sich nur sagen, dass ich bereits von der ersten Staffel von "Mad Men" sehr angetan war, auch wenn ich teilweise ein paar Wochen die Episoden aufgeschoben habe, weil ich nicht so ganz wusste, wo das alles hinführen soll und mir auch nicht sicher war, was aus einer Serie werden kann, die auf einem Sender wie AMC läuft. Spätestens seit der Episode mit Don im Krieg bin ich aber Feuer und Flamme und die vielen Auszeichnungen geben der Serie Recht.
