Leben, lieben, leiden (GG-Story; Spoiler)
Verfasst: 16.05.2007, 23:39

Ich habe mir vorhin die letzte Folge angesehen und dachte mir danach sofort, dazu muss ich was schreiben. Genau das habe ich dann auch getan. Ich habe einfach am Finale angesetzt und drauf los geschrieben.
Vielleicht gefällt es euch ja!
Viel Spaß beim Lesen!
Leben, lieben, leiden
“Miss Gilmore, haben sie dazu etwas zu sagen?”Rory schien in einer Traumwelt zu sein, denn sie schaute geistesabwesend aus dem Fenster und man konnte deutlich erkennen, dass ihre Gedanken nichts mit dem Meeting zu tun hatten.
“Miss Gilmore?”, versuchte sie ein anderer Anwesender des Meetings erneut aus ihrem Tagtraum zu reißen um sie wieder ins hier und jetzt zu befördern.
Doch sie reagierte immer noch nicht. Viel zu einschneidend war der letzte Tag in Stars Hollow gewesen. Luke und die Townies hatten ihr einen wunderschönen letzten Tag in Stars Hollow arrangiert. Sie war sich absolut sicher, dass sie nirgendwo auf der Welt so viel Glück verspüren würde, wie in dieser kleinen, überschaubaren Stadt mit jedem noch so verrückten Einwohner. Am Schlimmsten war ihr der Abschied, wie sollte es auch anders sein, von ihrer Mutter gefallen. Ihr ganzes bisheriges Leben war sie ihre rechte Hand, ihr Schutzengel, ihre Muse und ihre beste Freundin. Nun war sie auf sich selbst gestellt. Alles was in ihrem Leben, von nun an auf sie zukommen würde, liege allein in ihrer Hand. Für alles was sie von nun an tun würde, müsste sie die vollkommene Verantwortung tragen. Natürlich war das auch schon vorher so, aber da war es immer noch etwas anderes. Da war sie immer noch die Tochter, die zu ihrer Mutter ging, wenn es Ärger gab oder die einfach zu Hause anrief, wenn sie einen Rat brauchte oder einfach eben nach Hause fuhr, wenn es ihr schlecht ging. Das alles würde jetzt anders sein. Sie könnte ihre Mutter anrufen, sie könnte sie alles fragen und ihr alles sagen, aber trotzdem würde jede Entscheidung nur von ihr persönlich abhängen. Von nun an war sie zwar immer noch Tochter und Enkelin, aber man sollte davor das “unabhängig” nicht vergessen. Auf eigenen Beinen stehend. Für sich selbst sorgend. Ihr eigenes Leben lebend.
“Rory!”, stupste sie Tom an, um sie endgültig wach zu bekommen.
Das half tatsächlich. Von ein auf die andere Sekunde war sie wieder da. So sehr sie auch gerade in Erinnerungen schwelgte, so konzentriert war sie jetzt wieder bei der Sache. Es war zwar für Rory untypisch, dass sie sich so verhielt, aber die letzten Tage waren auch äußerstes Untypisch für ihr bisheriges Leben.
“Ja! Entschuldigung. Kommt nicht wieder vor.”
“Alles okay?”, fragte sie Tom besorgt.
“Ja, alles okay.”, bestätigte sie überzeugt.
Tom sah sie mit einem leicht verschmitzten Lächeln an und wiederholte für sie dann nochmal die letzten Feststellungen des Gesprächs, damit sie für sich entscheiden konnte, ob sie noch etwas ergänzen wollte.
“Ja, da kann man nichts mehr zu sagen.”, antwortete sie kurz und knapp und entgegnete ihm einen danken Blick für die Aufklärung.
Tom Cary war alles andere als ein Workerholik, doch trotzdem war er an seiner Arbeit sehr interessiert und auch engagiert. Aber nicht selten hätte er auch schon alles hingeschmissen, wenn er glaubte, dass die Arbeit ihn nicht voranbringen würde. Er war ein Mensch des Genusses und Spaßes. Er brauchte zwar die Arbeit, aber diese musste auf jeden Fall mit Spaß behaftet sein, denn sonst verlor er ganz schnell die Lust daran. Schon so manches Mal stand er kurz vorm Rauswurf, aber da er so ein Riesen Talent in seinem Job war, hatte ihn genau dieses immer wieder gerettet. In Sachen Frauen war er alles andere als Schüchtern. Das mag auch an seinem Aussehen liegen. Denn ein 1,80m großer junger Mann, sportlich gebaut, mit schwarzen Haaren und einem Gesicht, das Ähnlichkeiten mit Keanu Reeves aufwies, hatte es nicht schwer eine Frau anzusprechen, die dann auch positiv auf ihn reagierte.
Das Meeting ging noch einige Minuten weiter in denen es um die Planungen der nächsten Tage ging. Rory hatte sich innerhalb kürzester Zeit schon in die Materie eingearbeitet und sich auch gut in das Team eingelebt. Keiner hatte ihr gezeigt, dass er ihre Mitarbeit missbilligte, sondern im Gegenteil, der ein oder andere hatte ihr schon gesagt, wie gut er ihre Arbeit fand.
Nachdem alles gesagt war, verließen alle den Konferenzraum.
“Und, Miss Gilmore, was haben sie jetzt vor?”, fragte sie Tom neckisch.
“Tja, Mister Cary, ich werde mich jetzt mit einem gutaussehenden Mann treffen und damit sind sie schon mal aus dem Rennen.”, antwortete sie flapsig und dabei war unschwer zu erkennen, dass die beiden sich gut verstanden. Rory hatte in Tom einen guten Freund gefunden.
*
“Hey, da ist ja die Chefin!”, begrüßte Sookie Lorelai, als sie in die Küche geschlendert kam.“Hey Sookie!”, entgegnete ihr Lorelai ziemlich lustlos.
“Was ist denn los? Du siehst jeden Tag schlechter aus. Ich dachte Rory ruft dich jeden Tag an?”
“Tut sie auch, aber sie ist nun mal so weit weg. Wir hatten doch kaum Zeit uns zu verabschieden. Es ging alles viel zu schnell.”
“Ach Süße!”, sagte Sookie tröstend, ging zur Kaffeemaschine und schenkte Lorelai einen Kaffee ein. “Setz dich und trink erst mal was.”
“Fünf Tage, Sookie. Nur fünf Tage ist sie erst weg und ich bin schon völlig fertig. Das kann doch gar nicht wahr sein. Wie soll das denn weiter gehen?”
“Du schaffst das schon. Außerdem hast du doch Luke. Hast du ihm erzählt wie es dir geht? Wie läuft es denn zwischen euch?”
“Natürlich weiß Luke Bescheid, aber was soll er denn tun? Er kann sie mir schließlich nicht zurück holen. Außerdem will ich es langsam angehen. Ich will das Theater vom letzen Mal nicht wiederholen.”
“Ach das wird schon. Ich habe doch immer gesagt, dass ihr beiden zusammen gehört.”, sagte Sookie schon wieder hibbeliger.
“Ja, ja, warten wir ab.”, entgegnete sie ihr weiterhin in depressiver Stimmung.
“Weißt du was, wir sollten einen Frauenabend machen. Nur wir zwei!”
“Ach Sookie, das ist lieb von dir, aber dafür bin ich wirklich nicht in der Stimmung.”, lehnte Lorelai dankend ab, wobei sie aufstand und sich langsam auf den Weg aus der Küche machte.
“Hm, na gut, aber wenn du Lust bekommst, sagst du sofort Bescheid.”, forderte sie Sookie auf.
“Na klar, sofort!”
“Gehst du jetzt nach Hause?”
“Ja, ich werde mich auf den Weg machen. Morgen bin ich später da. Gehe erst noch bei Luke vorbei, denn Abends muss ich zu meinen Eltern.”
“Okay, dann bis morgen!”
“Bye!”, verabschiedete sie sich knapp und verschwand aus der Küche.
Sie ging zügig zur Lobby, schnappte sich ihre Tasche, verabschiedete sich noch kurz bei Michel und dann war sie auch schon aus dem Hotel gegangen und stieg in ihr Auto ein. Äußerst flott war sie auf der Hauptstraße und fuhr geradewegs nach Hause. Je näher sie ihrem Haus kam, desto langsamer wurde sie. Immer wieder kamen ihr die letzten Stunden mit ihrer Tochter in den Sinn. Rory hatte ihr so oft gesagt, wie sehr sie Sie liebte und wie sehr sie dort Lorelai vermissen würde, aber das alles half ihr nicht über ihren Schmerz. Wenn ihr jemand vor einigen Jahren oder sogar einigen Monaten gesagt hätte, dass ihr die Trennung, bzw. das los lassen so schwer fallen würde, hätte sie ihn ausgelacht. Doch jetzt musste sie feststellen, das genau das eingetreten war. Der Verlust ihrer Tochter, der morgendliche Gang in das leere Zimmer, die einsamen Abende vor dem Fernseher, ja sogar das Freitagabendessen bei ihren Eltern, das alles drückte ihr enorm auf ihr Herz. Rory war nicht mehr da und sie wusste nicht, wie sie damit leben sollte. Sie wusste, dass sie nie mehr in ihr Zimmer zurück kommen würde. Sie lebte jetzt ihr eigenes Leben und darin war kein Platz mehr für ihr kleines Zimmer in der kleinen Stadt. Einerseits war Lorelai so froh und stolz auf sie, aber andererseits wollte sie gerne ihre Tochter zu Hause haben.
Langsam fuhr sie die Auffahrt hoch und war etwas verblüfft über den Anblick der ihr da auf ihrer Veranda geboten wurde.
Als Luke sie entdeckte, stand er von der Bank auf, ergriff die Tüten, die er Rand voll mit Essen gefüllt hatte und ging zum Wagen, als Lorelai ausstieg.
Sie musterte ihn von oben. Sie war sich nicht sicher ob sie sich jetzt freuen oder ärgern sollte. Wollte sie wirklich mit Luke den Abend verbringen? Wäre ihr nicht viel lieber den Abend allein zu verbringen? Aber vielleicht wäre es auch besser, wenn sie den Abend nicht allein verbringen würde?
“Hey!”, begrüßte er sie etwas verklemmt. Man konnte ihm ansehen, dass er mit der Situation nicht glücklich war.
“Hey!”, entgegnete sie ihm auch nicht besonders erfreuter. Es war ihr vollkommen klar, dass er nur da war um sie aufzubauen. Er wollte nicht, dass sie noch einen Abend alleine vor sich hin lebte und trauerte. Doch sie konnte sich einfach nicht damit abfinden, von jetzt auf gleich ihre Stimmung zu ändern. Sie war bedrückt und warum sollte sie das nicht auch mal ausleben dürfen? Sie hatte sich, ihm zu Liebe, früher oft genug verstellt.
Er schloss hinter ihr die Autotür und folgte ihr ins Haus. Es schien, als wüsste er nicht was er sagen sollte. Doch dann brach er doch die Stille.
“Ich habe gedacht, du hast vielleicht Hunger.”
“Ja, ein wenig.”, antwortete sie weiterhin ohne große Begeisterung.
Luke schloss wieder die Tür hinter ihr und ging dann zügig in die Küche um für sie alles zurecht zu legen. Es kam ihm so vor, als wäre er erst gestern hier gewesen und hätte ihr etwas zu Essen gemacht. Nichts hatte sich verändert. Alles lag noch an genau der selben Stelle wie bei seinem Auszug. So viel Zeit war schon vergangen und so viel war in der Zwischenzeit geschehen. Sie hatten noch über nichts gesprochen, aber dazu hatten sie immer noch Zeit. Nun galt es erst mal diese Zeit zu überstehen. Er hätte ihr so gerne geholfen und hätte ihr ihren Schmerz genommen, aber er wusste, dass das nicht möglich war. Mit der Zeit würde auch der Kummer abnehmen und irgendwann wäre sie wieder die Alte. Zumindest hoffte er das so sehr er nur konnte.
Lorelai kam in die Küche setzte sich an den gedeckten Tisch und sagte kein Wort. Während des ganzen Essens hatte sie kein Wort gesagt und auch Luke wusste nicht, ob er etwas sagen sollte oder nicht. Also schwiegen sie sich an und nahmen noch nicht einmal Blickkontakt auf.
Nachdem Lorelai fertig war, stand sie auf, sah ihn an und sagte: ”Danke das du gekommen bist, Luke.” Der Klang ihrer Stimme war jetzt ganz anders als zuvor beim Auto. Er war sanft und aufrichtig. Sie genoss anscheinend doch seine Anwesenheit. Es tat ihr gut, dass sie nicht alleine war und es schien, als sei sie sehr dankbar, dass er einfach nur da war ohne etwas zu sagen.
“Lass uns einen Film gucken.”, bot sie freundlich an und ging dabei schon in das Wohnzimmer.
Luke folgte ihr wortlos, aber mit einem Lächeln auf den Lippen. Es war zwar sehr klein und vielleicht wollte er damit bezwecken, dass sie es nicht entdeckte, aber sie hatte es gesehen, doch tat so, als hätte sie es nicht bemerkt.
Luke setzte sich auf das Sofa. Lorelai legte einen Film ein, setzte sich dicht neben ihn, zog die Knie dicht an sich, legte ihren Kopf auf sein Brust und startete den Film. Luke legte behutsam seinen Arm um sie und genoss dieses vertraute Gefühl, wonach er sich so lange Zeit gesehnt hatte.
*