Rectify [Sundance]
Verfasst: 28.04.2013, 14:55

Hat hier außer mir sonst noch jemand reingeschaut? Ich hab mich ja von dem "From the producers of Breaking Bad" verleiten lassen, zumal Melissa Bernstein schon vor einer gefühlten Ewigkeit in irgendeinem Q&A (oder wars im Podcast?) von der Serie erzählt hat und das recht vielversprechend klang. Hatte aber ehrlich gesagt keine allzu hohen Erwartungen, weil die Grundprämisse an sich ja eigentlich schon recht ausgelutscht ist (allein Damian Lewis spielte das ja im Grunde schon zwei Mal: in "Life" und "Homeland") und war dann entsprechend unheimlich positiv überrascht, wie anders die Serie ist. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht.Sundance Channel hat geschrieben:After 19 years on Death Row for the rape and murder of his teenage girlfriend, Daniel Holden is going home. His conviction has been vacated due to new DNA evidence. Now he has to return to a world he no longer knows and his reentry into the outside world may be as unforgiving as prison. Daniel is haunted by the past, dogged by the present, and uncertain of the future. As he struggles to adapt to his new life, his homecoming reignites the fears of a small town and threatens to shatter his family’s fragile peace. Daniel’s alleged crime divided a community. Will his freedom tear it in half?
Ich find's vor allem großartig, wie der Schwerpunkt hier nicht auf das Offensichtliche (die Frage nach der Schuld), sondern vielmehr auf die Auswirkungen eines solchen Freispruchs auf alle(!) Beteiligten gelegt wird - und zwar völlig unabhängig davon, ob Daniel den Mord damals nun wirklich begangen hat oder nicht. Was die Sache nur noch faszinierender macht: Man muss sich als Zuschauer an die eigensinnige Erzählweise erst genauso gewöhnen wie Daniel an die unverhofft wiedergewonnene Freiheit. Man ist - so wie Daniel von der Welt draußen zunächst verwirrt, aber auch fasziniert ist und zunehmend an den kleinen Momenten des Lebens Gefallen findet - von der Serie erstmal ein wenig irritiert, weil der Plot derart nebensächlich und die komplexen, undurchsichtigen Charaktere so im Vordergrund stehen. Letztlich zieht einen die Serie aber mit all ihren liebevoll ausgearbeiteten Details, den grandiosen Bildern und dem mal etwas anderen Setting und der Atmosphäre im Allgemeinen völlig in ihren Bann. Bereue daher mittlerweile sehr, die vorab verfügbaren ersten drei Folgen sofort verschlungen zu haben, weil ich so schon seit über ner Woche wie auf Kohlen sitze und kaum abwarten kann, bis es übernächste Woche endlich weitergeht.
Bin vor allem von Aden Young, der mir zuvor noch nie untergekommen ist, zutiefst beeindruckt. Wahnsinn, wie er es schafft, einen potentiellen Mörder, der so oft einfach nur Löcher in die Luft zu starren scheint und derart wortkarg und undurchschaubar ist, allein durch seine krasse Mimik (die Augen!) und seine ganz eigene Art zu sprechen so glaubwürdig und unheimlich sympathisch (im eigentlichen Sinne des Wortes) rüberzubringen. Walton Goggins hätte das kaum besser hingekriegt. Aber auch der Rest des größtenteils eher unbekannten Casts macht seine Sache extrem gut, auch wenn mich drei der Hauptdarsteller (Ted Jr., dessen blonde Frau Whatshername und Daniels Mutter Janet) zunächst etwas irritiert haben, weil sie IMO allesamt drei anderen Schauspielern (Jonathan Crombie, Michelle Williams und Talia Balsam) bestechend ähnlich sehen. Abigail Spencer mochte ich ja schon in "Mad Men" sehr gern und Luke Kirby darf sowieso jederzeit und so oft er will über meinen Bildschirm flimmern.

Anyhoo... Nachdem "Top of the Lake" schon so großartig war, bin ich jetzt jedenfalls sehr gespannt, ob "Rectify" das hohe Niveau vielleicht sogar noch toppen kann und welch unverhoffte Serienperlen Sundance in nächster Zeit wohl noch so aus dem Ärmel schütteln wird.
