Eine Folge, an die ich mich noch vom erstmaligen Gucken her sehr gut erinnern kann und für mich auf jeden Fall eine 5-Punkte-Folge.
In wohl keiner anderen Episode zuvor zog sich irgendein Thema dermaßen klar und deutlich durch sämtliche Handlungsstränge, wie hier das Thema "Gewalt gegen Frauen". Das Ganze wurde äußerst atmosphärisch und so stimmig umgesetzt, dass es einen erschauern lässt.
Aufhänger ist das Chicagoer Schwesternschülerinnen-Massaker im Juli 1966. Ich muss sagen, vor Mad Men habe ich noch nie etwas von diesem Verbrechen gehört, glaube aber, dass sich sicherlich jeder US-Amerikaner, der damals alt genug war, um Nachrichten zu lesen oder zu schauen, daran erinnern dürfte, so furchtbar wie es war.
Michael Ginsberg wurde mir hier sehr viel sympathischer als in seiner Auftaktfolge, weil er der Einzige ist, der offen etwas gegen die Sensationsgeilheit der anderen sagt, die sich auf die Exklusiv-Fotos der ermordeten Frauen stürzen und regelrecht Spaß daran zu haben scheinen. Diese Joyce nervt ja eh, kann die bitte endlich mal aus Mad Men verschwinden, aber wie sie hier reinkommt und stolz und süffisant grinsend die Fotos der Leichen präsentiert, einfach zum Kotzen.
(BTW: Was ist denn mit Meredith? Ich dachte, die wurde entlassen um eine Stelle für Dawn frei zu haben?)
Die Morde beschäftigen auch Sally, die allein mit Stiefgroßmutter Pauline ist. Pauline gefällt sich darin, einerseits Sally nicht die Zeitung lesen zu lassen, andererseits in ihrer Gegenwart am Telefon Einzelheiten über das Massaker ausbreitet. Schließlich redet sie doch mit Sally über die Tat, in absoluter Gruselgeschichten-Manier, so dass es Sally hinterher erst recht graust, und mit einer gewissen Schadenfreude, gegenüber den Opfern, denen sie selbst die Schuld daran gibt, "die Lust dieses Mannes geweckt zu haben". Die Szene, wie Sally schließlich unterm Sofa versteckt eingeschlafen ist, ist sehr stark. Vor allem, weil das Motiv "Frau unterm Bett" damit in dieser Episode ganze dreimal vorkommt bzw. angesprochen wird.
Sehr passend zum Thema auch die Tatsache, dass Dawn sich ab einer gewissen Urzeit nicht mehr allein durch New York traut und deswegen bei Peggy übernachten muss. Und schließlich der "Cinderella auf der Flucht vor einem Vergewaltiger"-Werbespot.
Dann natürlich der große WTF-Moment: Don wird zum Ehebrecher und sogar Mörder. Zum Glück kannte ich die Folge schon und wusste, dass es nur ein böser Fiebertraum war. Puh. Don sah aber auch dermaßen krank aus, der muss sich dringend auskurieren.
Das alles ist aber nur Beiwerk für den wichtigsten Plot der Folge: Joans Ehemann Greg kommt aus Vietnam zurück. Nach anfänglicher Freude erfährt Joan bald, dass er sich freiwillig für ein weiteres Jahr im Krieg verpflichtet hat, sie nicht vorher gefragt hat und sie sogar angelogen hat, weil er behauptet hat, es sei eben nicht freiwillig. Daraufhin macht sie Schluss mit Greg und in diesem Dialog stimmt einfach alles. Joan hat sich hundertprozentig entschieden und jedes Wort, dass sie zu ihm sagt, ist so wahr.
Die ganze Story passt ausgesprochen gut zum Thema der Folge. Wie ich schon zu der entsprechenden Folge schrieb: Die Vergewaltigung Joans durch Greg ist etwas, das in jeder einzelnen Szene mit ihm als Subtext mitschwang. Sofort weiß jeder Zuschauer genau, dass Joan genau auf diese Szene anspielt, als sie Greg sagt, dass er kein guter Mensch sei, auch nicht vor ihrer Hochzeit.
Das Thema Gewalt war auch sonst in dieser Beziehung ein wiederkehrendes Thema, psychisch sowieso, aber auch körperlich, man denke nur an die Blumenvase, die Joan Greg einmal über den Schädel gezogen hat und auch hier packt er sie kräftig am Arm, als sie ihm sagt, dass er gehen soll.
Stark selbst das Detail mit dem Akkordeon im Restaurant. Man denkt sofort an Joans Lied, zu dem sie selbst Akkordeon gespielt hat. Eigentlich war das keine große Geschichte, oberflächlich könnte man sie sogar als "schöne Erinnerung" verkaufen, aber eigentlich war es so, dass Greg auch damals Joan vorgeführt hat und sie vor seinem Chef schaulaufen sollte, als sei sie sein Eigentum. Eigentlich sind alle Folgen mit Greg vergiftet, es gibt keine Szene mit ihm, in der Joan glücklich und stark sein durfte, er hat sie immer nur klein und schwach gemacht. Es ist einfach gut, dass diese Ehe nun vorbei ist, niemand wird Greg eine Träne nachweinen.