Staffel 6 - Episodendiskussion

Zarina
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Folge 12 "Ins Auge gegangen"

Beitrag von Zarina »

Nachdem Ken von den Chevy-Geschäftspartnern angeschossen (!) wurde und dumme Piratenwitze über seine Augenklappe über sich ergehen lassen muss, schmeißt er hin und überlässt Pete den Kunden. Dieser - gerade chronisch in der Furcht, dass andere ihm die Kunden wegnehmen - greift natürlich gerne zu. Zu Petes Verteidigung muss ich sagen, dass er hier durchaus diplomatisch mit Kenny umgeht und ihn zunächst sogar beschwört, den Auftrag zu behalten. Auch wenn Pete letztlich davon profitiert, war sein Vorgehen diesmal durchaus fair zu nennen. :up:

Leider bestehen die Partner jedoch darauf, dass Pete für Chevy mit Bob Benson zusammenarbeitet, was ihm gar nicht schmeckt. Mit einem schwulen Kollegen, der ihm in der letzten Folge sogar eine Liebeserklärung gemacht hat, will Pete nichts zu tun haben.

Er will Bob loswerden, zunächst auf die nette Art: Er will ihn abwerben lassen. Dabei stellt sich jedoch heraus, das Bob sich seinen Job durch Betrug erschlichen hat, seine Referenzen und sein Uni-Abschluss existieren gar nicht.

Pete stellt Bob zur Rede und erst als er ihm sagt, dass er so etwas bereits einmal erlebt hat, dämmerte mir die Parallele zu Don/Dick. Faszinierend wie die Serienmacher es hier schaffen, uns die gleiche Geschichte noch einmal vorzusetzen, aber in einer ganz anderen Schattierung, ohne dass es irgendwie aufgesetzt oder langweilig wirkt. Pete hat jedenfalls aus seinem erfolglosen Versuch von damals, Don auffliegen zu lassen, gelernt und will diesmal nicht mit dem Kopf durch die Wand rennen (obwohl Bob sicherlich stärker im Schleudersitz sitzen würde als Don damals). Stattdessen will er sein Wissen für sich behalten, hat nun aber Bob Benson in der Hand. Mal schauen, wie sich die Sache entwickelt (wenn ich mich recht erinnere, ist Pete aber in der nächsten Folge schon wieder der Gelackmeierte...)

Wir sehen weiterhin Don bei der rasanten Fahrt in den Abgrund zu. Der Alkohol hat ihn endgültig aus der Bahn geworfen, was sich ja in der Folge zuvor schon eindeutig bewiesen hat, als Don, nachdem Sally ihn mit Silvia erwischt hat, nicht etwa nach ihr sucht oder versucht, einen kühlen Kopf zu bewahren, sondern sich erstmal im Pub komplett abschießt und dann sturzbetrunken vor Megan, Sally und ihrer Freundin stand. Er genehmigt sich nun bereits direkt nach dem Aufstehen harten Alkohol im Orangensaft und lässt Megan überhaupt nicht mehr an sich heran. Die Geschichte in der Folge zuvor hat auch weiter Auswirkungen, denn Sally weigert sich seitdem, Don und Megan zu besuchen.

Außerdem betrachtet Don Peggys und Teds ständiges Herumgeflirte mit großem Missfallen (ist dabei aber nicht der einzige) und sorgt am Ende bei einer Kundenpräsentation für Ärger, indem er zwar einerseits den Etat rettet, andererseits aber Ted komplett wie einen Trottel dastehen lässt und Peggy von vornherein jede Anerkennung ihrer Idee zunichtemacht. angry:

Wäre noch Sallys Handlungsstrang. Als ich die Folge zum ersten Mal gesehen habe, mochte ich das Ganze gar nicht. Sie lässt sich von den Schnepfen im Internat beeinflussen, dachte ich, denkt es sei nötig, diese zu übertrumpfen und mit der Organisierung von Joints und Jungs einen auf bad girl zu machen. Beim nochmaligen Gucken sehe ich das nun etwas differenzierter. Sally weiß hier sehr wohl, was sie will und lässt sich auch nichts aufdrängen. Sie kifft nicht und geht auch keine Sekunde lang auf die Avancen des fremden Jungen ein. Sie ist also durchaus für ihr zartes Alter eine starke Persönlichkeit, die sich nicht vom Gruppenzwang beeinflussen lässt.

Schön auch die Entwicklung von Glenn, der nun kein creepy kid mehr ist, sondern diesmal sogar der strahlende Held sein darf, der "seine kleine Schwester" Sally beschützt.

Mir fällt auch immer wieder der Kontrast auf, wenn Sally ihren Freundinnen zusammen ist oder eben auch diesmal mit den beiden Tussen aus dem Internat. Obwohl diese älter wirken, erscheint Sally daneben als viel klüger und lebenserfahrener.
Ich bin gespannt, ob sie in der nächsten Staffel wirklich in diesem Internat landet, hoffe aber, dass sie dort andere (bessere) Freunde findet als die beiden Zicken.

Fazit: Kurz vor dem Ende der Staffel nimmt die Handlung noch mal ordentlich Fahrt auf und ich kann es nun kaum erwarten, das Staffelfinale (und dann die mir bisher unbekannte siebte Staffel) zu genießen.

Humorhighlights:
- der Probelauf für den Werbespot mit Don als quäkendem Baby und Joan als Hausfrau :D
- Harry und die "Nutte, die Traveller-Checks nimmt" :roll:
Zarina
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Folge 13 So frei

Beitrag von Zarina »

Nun ist es also so weit: Don Draper hat sich endgültig selbst zerstört. Vielleicht ist es aber auch als Wendepunkt zum Guten hin zu verstehen, denn damit kommt Dick Whitman zum Vorschein. Don hat endlich verstanden, dass er seine Vergangenheit und damit seine Alkoholsucht und seine Depressionen nur überwinden kann, wenn er zu ihr steht. Das lässt mich für die siebte Staffel hoffen, dass Don nun endlich den ewigen Kreislauf durchbrechen wird und sein Leben in geordnete Bahnen bringt.

Zunächst aber hat er alles verloren. Bei der Szene mit Megan, als Don vorschlägt, gemeinsam nach Kalifornien für einen Neuanfang zu gehen, wo sie einmal so glücklich waren, da - muss ich zugehen - habe ich ein paar Tränchen verdrückt. So rührend war die (zugegenermaßen: von Stan geklaute) Idee und so traurig ist die Szene, wenn man schon weiß, dass sich dieser Traum noch in der gleichen Folge zerschlägt. Dass sich Megan am Ende von Don trennt und es allein durchziehen will, nach Los Angeles zu ziehen, kann ich gut nachvollziehen.

Auch Dons Suspendierung kam nicht gerade aus dem Nichts. Man muss sich die Frage stellen, ob Don diese absichtlich provoziert hat. Erst kommt er ständig zu spät oder versäumt ganze Meetings. Das war ja schon lange so (man denke nur an die Episoden, als er ohne ein Wort einfach 3 Wochen in Kalifornien blieb oder an die sturzbesoffene Präsentation direkt nach einer Preisverleihung, als er versehentlich Danny Siegels Idee stahl und ihn daraufhin einstellen musste) und Dons vielbesungene Genialität, die ihn zum Aushängeschild machte, hat ihm in der Agentur lange Zeit Narrenfreiheit verliehen. Es scheint so, als hätte Don stets die Grenzen ausgelotet, wie weit er gehen kann, und ist nun absichtlich auf die andere Seite gesprungen, da er - wie er ja selbst sagte - das Ganze nicht mehr aushielt.

Dass er dabei auch aus Nostalgie handelte, weil ihm das zu bewerbende Produkt tatsächlich etwas bedeutete, ist das Tragische daran. Ich bin nun gespannt, wie es in der siebten Staffel weitergehen wird. Sofern Don sein Alkoholproblem in den Griff bekommt, hätte er sicherlich gute Chancen, eine eigene Agentur zu gründen oder als Freiberufler erfolgreich zu sein. Ob er bei Sterling Cooper noch einmal Fuß fassen kann und ob er das überhaupt möchte, bezweifle ich dagegen momentan.

Zu Pete möchte ich eigentlich nicht viel schreiben, denn dass Krankenpfleger Manolo Petes Mutter auf der Kreuzfahrt erst geheiratet hat und sie anschließend vom Schiff schubste, ist mir einfach zu seifenopernmäßig. Was ja die Serie auch selbstironisch eingesteht, wenn sie dermaßen absurde Dialoge reinpackt wie Petes "Sie hat das Meer geliebt" als Ausrede dafür, jetzt keinen Haufen Geld in die Aufklärung des Mordes in Übersee zu stecken und die Sache auf sich beruhen zu lassen.

Schön waren auf jeden Fall die Szene zwischen Pete, Trudy und seiner schlafenden Tochter. Unvergessen Petes "Not great, Bob!" im Aufzug und die Schmach, als Pete am ersten Arbeitstag für Chevy von Bob in die Pfanne gehauen wird und Detroit gleich wieder den Rücken kehren darf. Beim nochmaligen Gucken habe ich mich allerdings gefragt, ob das wirklich Absicht von Bob gewesen ist, oder ob dieser nicht wusste, dass Pete Fahranfänger ist und Bob sich in Wirklichkeit mit Pete wieder gutstellen wollte, als er ihm die Möglichkeit bot, das schicke Auto zu fahren. Die Serie lässt das offen, allerdings sprechen der Streit zuvor und die herablassende Bemerkung von Pete über Bob unmittelbar vor dem Vorfall eher für eine Racheaktion seitens Bob.

Peggy provoziert Ted mit einem Hammeroutfit und die beiden verbringen eine Nacht gemeinsam. Ted sagt Peggy, dass er sie liebt und verspricht ihr, seine Frau zu verlassen. Teds Blick, als er dann hinterher neben seiner Frau im Bett liegt, spricht allerdings Bände und am nächsten Tag hat er sich entschieden, vor der Situation zu fliehen und die Außenstelle in Kalifornien zu übernehmen, um Peggy aus dem Weg zu gehen.
Einerseits ist es schön, hier endlich einmal eine Mann bei Mad Men zu sehen, der seine Moralvorstellungen und die Verantwortung gegenüber seinen Kindern und seiner Frau über sein persönliches Vergnügen stellt. Andererseits hätte er ja nicht erst mit Peggy ins Bett gehen müssen, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, und ihr keine falschen Hoffnungen machen dürfen. So steht Peggy nun wieder allein da. Schön aber die letzte Szene, in der sie diesmal keine Opferhaltung einnimmt, sondern die klassische Don-Draper-Kameraeinstellung über die Schulter und sogar an Dons Schreibtisch sitzend. Auch wenn es mit der großen Liebe einfach nicht klappen will, hat Peggy doch so einiges erreicht und wird in der siebten Staffel höchstwahrscheinlich den Höhepunkt ihrer Karriere erleben. Darauf freue ich mich sehr.

Die Schlusssequenz dieser sechsten Staffel ist eine meiner liebsten Szenen in der ganzen Serie. Wie Don seinen Kindern sein altes Wohnhaus zeigt, einen tiefen Blick mit Sally wechselt und dazu eine wunderschöne 60er-Jahre-Version von "Both Sides Now" läuft, ist einfach unnachahmlich und rundet die Staffel perfekt ab. :heart_eyes:
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