Blond und intelligent
Interview mit Katherine Heigl
Von Jana Heußner
Katherine Heigl ist momentan eine der angesagtesten jungen Darstellerinnen Hollywoods. Durch ihre Rolle der Izzy in der Ärzteserie "Grey's Anatomy" und ihre Hauptrolle in "Beim ersten Mal" hat sie sich ganz weit nach oben gearbeitet. Letztes Jahr bekam sie sogar einen Emmy und wurde für den Golden Globe nominiert. Im 1LIVE-Interview gibt sie sich erstaunlich locker.
In ihr steckt ein ganzer KerlDaraus, dass sie am 23. Dezember den Rockmusiker Josh Kelleygeheiratet hat, macht sie kein Geheimnis. Und daraus, dass sie glücklich ist, auch nicht. So eine rosarote Brille wie ihre Filmfigur in der neuen Komödie "27 Dresses" trägt Katherine Heigl allerdings nicht. Sie weiß, dass man für Erfolg und Liebe hart arbeiten muss. Äußerlich unglaublich süß und gut aussehend, steckt in ihr ein ganzer Kerl. Saufen und fluchen inklusive. Mit 1LIVE-Reporterin Jana Heußner sprach sie ganz persönlich über ihre Hochzeit, den Erfolgsdruck in Hollywood und ihren Wunsch nach Kindern.
Über ihre deutschen Vorfahren
Katherine Heigl: Hallo, schön dich kennen zu lernen. Wie geht's? Müde? Es ist toll hier, ich wünschte, noch einen weiteren Tag bleiben zu können, wenn ich London nur einen einzigen Tag aufschieben und noch ein wenig hier bleiben und shoppen gehen könnte. Hier gibt es großartige Kunstgallerien.
1LIVE: Du kennst dich in Berlin aus? Wann warst du denn früher mal hier?
Katherine Heigl: Als ich 17 Jahre alt war, also ist das jetzt zwölf Jahre her. Es hat sich sehr viel verändert, Ostberlin war noch längst nicht so entwickelt. Ich war noch sehr jung, deshalb erinnere ich mich nicht so gut, mein Gedächtnis ist ziemlich schlecht, ich merke mir nicht immer alles. Aber meine Mutter (Anmerkung der Red: ist auch ihre Managerin) und ich wollten versuchen, unser damaliges Apartment wiederzufinden, es hat uns damals so gut gefallen, wir sind viel shoppen gegangen.
1LIVE: Du hast doch auch deutsche Vorfahren. Spricht man deshalb deinen Namen so aus, wie man ihn auf deutsch lesen würde: "Heigel"?
Katherine Heigl: Ja, ja, der ist deutsch. Deswegen "Heigel". Die Großeltern meines Vaters, beziehungsweise mein Großvater mütterlicherseits, war Deutscher. Ich weiß, dass der Vater meiner Mutter aus Esslingen kommt. Ich weiß aber nicht, woher die Großeltern meines Vaters kommen. Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich direkt nach Esslingen fahren. Meine Mutter war schon mal da und ich habe Bilder gesehen, aber ich würde echt gerne selber diese kleine Stadt besuchen. Meine Mutter sagt, da sieht es aus wie in den Bildern im Geschichtsbuch. Das ist alles noch wie früher mit Kopfsteinpflaster und kleinen Häuschen, und man hat das Gefühl, von Geschichte umgeben zu sein.
"Ich hatte viel Glück"
1LIVE: Du bist momentan in aller Munde, überall wirst du gelobt und geliebt. Woran liegt das deiner Meinung nach, dass du so erfolgreich bist?
Katehrine Heigl: Ich glaube, ich hatte viel Glück und habe hart gearbeitet. Ich führe ungern meinen ganzen Erfolg nur auf Glück zurück, aber es ist ein großer Teil. Ich bin schon so lange im Geschäft, daher habe ich schon viel über mich als Person und als Schauspielerin gelernt, vielleicht ist das auch einer der Gründe. Und verschiedene Leute haben mir eine Chance gegeben, wie zum Beispiel die Macher von "Grey's Anatomy". Durch "Beim ersten Mal" habe ich dann die Gelegenheit bekommen, bei Projekten mitzumachen, die ein größeres Publikum erreichen.
1LIVE: Und woher wusstest du, dass du gerade in Komödien so gut sein wirst?
Katherine Heigl: Ich weiß nicht, ob ich jemals dachte, ich sei gut darin, ich wusste nur, dass ich Komödien sehr mochte und es mir großen Spaß macht. Ich fühle mich generell eher von Figuren und Menschen angezogen, die ein bisschen selbstironisch und schrullig sind. Ich sage immer zu den Drehbuchschreibern von "Grey's Anatomy", bitte gebt mir was Lustiges, gebt mir mehr Comedy, denn das mach ich total gerne. Mit so einer Lebenseinstellung macht alles so viel mehr Spaß als wenn du immer so einen rührselig-depressiven Blickwinkel einnimmst.
1LIVE: Nach deinem Emmy im letzten Jahr, ist jetzt der Oscar dran. Ist das der Wunsch eines jeden Hollywoodschauspielers?
Katherine Heigl: Ich weiß nicht recht. Natürlich ist es immer toll gefeiert zu werden, in einer solchen Form geehrt zu werden, das würde ich natürlich nicht ausschlagen. Aber es ist ein schwieriges Thema, wenn man sich selbst Druck macht in Bezug auf eine neue Rolle oder einen Film mit der Haltung angeht, etwas gewinnen zu wollen. Ich erinnere mich daran, als ich "Grey's Anatomy" gemacht habe, da gab es Leute auf dem Set, die meinten, dies sei Emmy verdächtig und ich dachte "großer Gott, sagt so was bloß nicht". Denn plötzlich wird dir jede deiner Entscheidungen bewusst und wird damit weniger instinktiv, weniger organisch, und wenn du mit der Einstellung da rangehst, etwas gewinnen zu wollen, kannst du nicht mehr richtig genießen, was du gerade tust. Wenn jemand zu mir käme und sagen würde "hier bitte, deine Oscar-Rolle", würde ich sie nicht annehmen wollen, das würde ihr den ganzen Spaß nehmen.
Ehe ist Arbeit
1LIVE: Du hast am 23. Dezember deinen Freund Josh Kelley geheiratet: Wie ist das, verheiratet zu sein?
Katherine Heigl: Es macht großen Spaß. Was mich selbst angeht, habe ich mir vielleicht, als ich jünger war, romantische Sachen beim Gedanken an die Ehe vorgestellt, aber jetzt bin ich 29 und habe keine großen Illusionen was Ehe angeht. Ich glaube einfach, dass es nicht leicht ist, wenn man es ehrlich angeht. Es verlangt viel Kompromissbereitschaft und eine Menge Verständnis, außerdem sollte man sich selbst gut kennen. Ich glaube, es hängt mehr von der Arbeit ab, die man investiert, als von Romantik.
1LIVE: Hast du groß gefeiert?
Katherine Heigl: Nein, meine Hochzeit habe ich sehr klein gehalten, das fand ich interessanter so, außerdem wollte ich nicht auf meiner eigenen Hochzeit die ganze Zeit die Gastgeberin spielen müssen. Das ist meiner Ansicht nach das Problem mit großen Hochzeiten, wenn sehr viele Leute da sind, ist es deine Pflicht, allen Hallo zu sagen, ihnen fürs Kommen zu danken und so weiter. Wenn da 200 Gäste sind machst du den ganzen Abend nichts Anderes, kommst nicht zum Tanzen, zum Essen oder zum Alkohol trinken. Und ich wollte all das machen können, was meine Gäste bei meiner Hochzeit auch tun.
Man kann nicht alles haben
1LIVE: Wie geht dein Mann mit deinem Erfolg um?
Katherine Heigl: Er unterstützt mich sehr. Ich muss ja auch damit fertig werden, dass er ein Rockstar ist und unterwegs ist und Millionen Groupies nach jeder Show vor seinem Tourbus stehen. Ich glaube, wir sitzen im selben Boot. Aber es ist ja immer interessanter, eine Beziehung mit jemandem zu führen, der von anderen begehrt wird, da bleibt es interessanter.
1LIVE: Möchtet ihr Kinder?
Katherine Heigl: Na ja, das ist eines dieser Themen, das man immer wieder aufschieben kann. Man sagt sich, jetzt muss ich noch warten, bis dies oder das in meiner Karriere eingetreten ist oder bis meine Karriere an jenem Punkt angelangt ist. Ich denke, dass ich auf jeden Fall Familie haben möchte. In den nächsten ein, zwei Jahren will ich mich auch darauf konzentrieren, und ich denke auch, dass man beides haben kann, eine Familie und eine Karriere. Das heißt nicht, dass beides ein Kompromiss sein muss. Ich werde keine Mutter sein, die zu Hause bleibt, aber das wollte ich noch nie sein. Aber es wird Einschränkungen geben, wie viel ich arbeiten kann, wie oft verreisen. Es gibt also schon Kompromisse, aber man kann nicht immer alles haben.
1LIVE: Bist du lieber Dr. Izzy oder auf der großen Leinwand im Kino?
Katherine Heigl: Das kommt darauf an: Bei "Grey's Anatomie" gibt es eine Art von Stabilität und Komfort, da sind meine Freunde, wir arbeiten schon seit vier Jahren zusammen, und ich liebe diese Figur. Ich kenne sie so gut und fühle mich ihr verbunden. Aber es kann ein wenig monoton werden, weil man als Schauspielerin verschiedene Rollen spielen möchte und verschiedene Geschichten erzählen will. Also habe ich das Beste von beiden Welten: Ich drehe Kinofilme und kann aber auch immer wieder zu meiner Fernsehserie zurückkommen, die ich liebe und zu den Menschen, die ich liebe und der Figur, die ich liebe. Ich hab es also ziemlich gut getroffen.
1LIVE: Und wie sieht es mit dem Stress in Hollywood aus, dem du ausgesetzt bist? Man denke an Heath Ledger oder Britney Spears…
Katherine Heigl: Natürlich gab es immer schon eine Menge Druck. Jeder, der in diesem Maße in der Öffentlichkeit steht, also auf dem Britney-Spears- Level, bekommt eine Menge Druck ab. Das ist unvermeidbar, es sei denn, man möchte nicht so viel Aufmerksamkeit. Und da sind immer Wege, das auch zu vermeiden, aber dafür muss man die Karriere opfern. Ich glaube, das größere Problem ist ein Mangel an Erdung. Also wenn man nicht weiß, wer man wirklich ist, wenn man nicht weiß, was wichtig für einen ist, keine Werte hat, die unabhängig von Hollywood und Berühmtheit und Geld existieren. Ich denke, das ist vielleicht der Grund für den Druck, dass unsere Kultur so besessen von diesen ganzen Dingen wie Prominenz, Berühmtheit und Geld ist. Ich finde, es ist wichtig, dass man finanziell abgesichert ist. Aber wir reden hier ja über Dimensionen, die außer Kontrolle geraten. Und wenn man einem jungen Menschen so viel so früh gibt und keiner erzählt ihm, dass ihn das aber nicht definiert und andere Dinge wichtiger sind, dann ist das das größte Problem. Ansonsten gibt es Druck und Stress wahrscheinlich in jeder Karriere.
Nicht perfekt
1LIVE: Hattest du je Probleme mit diesem Druck oder Stress in deiner Karriere?
Katherine Heigl: Ich denke, weil ich so früh angefangen habe und noch nicht dieses Level von Aufmerksamkeit hatte, war das alles nur Spaß, es war mehr ein Hobby. Es gab mehr Druck, als ich dann älter wurde und ich das Ganze als Karriere gesehen habe und ich für mich selber sorgen musste. Aber trotzdem wurde ich nicht von allen Seiten beobachtet und es wurde nicht jede Bewegung von mir kommentiert. Also hatte ich genug Zeit, mich von meiner Karriere zu distanzieren. Ich weiß, wer ich außerhalb des Berufs bin. Und ich weiß, wie ich mich als Schauspielerin zu verhalten habe oder als Promi, wenn es sein muss. Und ich habe seit ich neun Jahre alt bin schon mit meiner Mutter zusammengearbeitet (Anmerkung: Sie ist ihre Managerin), und sie hat mir immer geholfen, auf dem Teppich zu bleiben. Ich habe schon ziemlich früh meine Meinung zu den Dingen gebildet und wusste, was für mich wichtig ist und was nicht.
1LIVE: Stimmt es, dass du auch ein paar Laster hast? Trinkst wie ein Typ und manchmal derbe einen Drauf machst?
Katherine Heigl: Ich trinke nicht wie die Jungs, mit denen kann ich nie mithalten. Ich rauche aber und ich fluche, aber ich will aufhören zu rauchen und jeder rät mir dazu. Und mit dem Fluchen ist das so: Jeder hat ja seine kleinen Unarten. Man kann nicht perfekt sein.
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