Schwerstbehindertes Kind auf ewig Kind sein lassen

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Glücksi

Schwerstbehindertes Kind auf ewig Kind sein lassen

Beitrag von Glücksi »

http://www.orf.at/070104-7725/index.html

Da ich selbst eine körperlich/geistig Schwestbehinderte Schwester habe, weiß ich, was damit alles Verbunden ist.

Deshalb sag ich´s mal gleich vorweg: Die Eltern haben mein vollstes Verständnis!
Für das Kind ist es nur von Vorteil weil sie ins Familienenleben integriert wird, statt nur im Bett dahinzuvegitieren und für die Familie ist es in dieser ohnehin schweren Situation eine enorme Erleichterung!


Den Eltern zu unterstellen sie würden in ihrem Kind nur eine Puppe sehen, bloß weil sie es "Pillowangel" nennen, ist eine Anmaßung und absolute Frechheit. Wenn ich meinen Sohn Muckelmann nenne (was ich mir jetzt wo er 15 ist aber langsam verkneifen muss ;) ), dann kommt doch auch keiner daher und sagt, ich sehe in ihm nur einen Knuddelhasen!

Da aber die Meinungen doch sehr kontrovers sind, würde mich auch mal eure Ansicht dazu interessieren! :)
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*Butterfly*
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Beitrag von *Butterfly* »

Glücksi hat geschrieben:Da ich selbst eine körperlich/geistig Schwestbehinderte Schwester habe, weiß ich, was damit alles Verbunden ist.
Ich habe auch einen Bruder, der Epilepsie, eine Halbseitenlähmung und eine Lernbehinderung hat und kann deshalb auch gut die Entscheidung der Eltern verstehen, da sie ihrer Tochter das Leben ja ,,vereinfachen". Ich glaube, wie auch schon im Text gesagt, dass dadurch auch weitere ,,Ausbreitungen" der Behinderung bzw. weitere Erkrankungen vermieden werden können. Und warum sollte man behaupten, die Eltern wollen sich ihr Leben dadurch erleichtern ? :wtf: Ich finde es ehrlich gesagt eine Frechheit, jemandem, der mit so etwas fertig wird, zu unterstellen, er wolle sich sein Leben, das ja schon schwer genug ist, durch eine Entscheidung fürs Leben vereinfachen. :roll: Und durch diese Aktion muss ja auch nicht gleich versichert sein, dass alles leichter wird und keine Komplikationen auftreten. Die Eltern haben meiner Meinung nach etwas gutes für ihre Tochter getan. :up:
Every song ends, but is that any reason not to enjoy the music?
sandmann993

Beitrag von sandmann993 »

Auch ich schließe mich Eurer Meinung und der der Eltern an: Je mehr man einen behinderten Menschen versucht ins normale, alltägliche Leben zu integrieren, umso leichter und angenehmer und liebevoller ist es für beide Seiten. Auch ich spreche aus Erfahrung. Mein Schwager ist geistig behindert und befindet sich sozusagen auf dem Wissensstand eines vielleicht 5- oder 6-jährigen Kindes. Doch er weiß genau wo sein Platz ist, genießt das Leben daheim und das Zusammenleben mit seiner Familie. Es ist doch wichtig eine gewohnte Umgebung zu haben.
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Maret
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Beitrag von Maret »

Schwieriges Thema. Wir haben hier auf der einen Seite ein schwerbehindertes Kind, das keine eigenen Entscheidungen treffen und sich nicht wehren kann und schweren, experimentellen Behandlungen und Operationen unterzogen wird - da bekommt man schon ein mulmiges Gefühl, finde ich. Das sind ja Eingriffe, die das Kind eigentlich zum Überleben nicht braucht und die den Körper und auch die Seele für immer verändern. Andererseits ist es für die Eltern eine Erleichterung und man kann sicher nicht sagen, dass die Eltern keine Erleichterung verdient haben. Jede Familie, die sich um einen schwerbehinderten Menschen kümmert, verdient Mitgefühl und Unterstützung. Man fragt sich aber, ob es nicht andere, weniger radikale Wege als diese Behandlung gibt. Hat nicht auch ein schwerbehinderter Mensch das Recht, erwachsen zu werden? Wie gesagt, schwieriges Thema. Ich halte die Eltern ganz und gar nicht für Unmenschen, im Gegenteil, aber ein mulmiges Gefühl bleibt eben.
Sandra

Beitrag von Sandra »

Maret hat geschrieben:Schwieriges Thema. Wir haben hier auf der einen Seite ein schwerbehindertes Kind, das keine eigenen Entscheidungen treffen und sich nicht wehren kann und schweren, experimentellen Behandlungen und Operationen unterzogen wird - da bekommt man schon ein mulmiges Gefühl, finde ich. Das sind ja Eingriffe, die das Kind eigentlich zum Überleben nicht braucht und die den Körper und auch die Seele für immer verändern. Andererseits ist es für die Eltern eine Erleichterung und man kann sicher nicht sagen, dass die Eltern keine Erleichterung verdient haben. Jede Familie, die sich um einen schwerbehinderten Menschen kümmert, verdient Mitgefühl und Unterstützung. Man fragt sich aber, ob es nicht andere, weniger radikale Wege als diese Behandlung gibt. Hat nicht auch ein schwerbehinderter Mensch das Recht, erwachsen zu werden? Wie gesagt, schwieriges Thema. Ich halte die Eltern ganz und gar nicht für Unmenschen, im Gegenteil, aber ein mulmiges Gefühl bleibt eben.
Genauso sehe ich das auch, Maret, ich verstehe die Eltern (habe ebenfalls einen behinderten Bruder), die ethische Seite ist natürlich auch nicht so ganz einfach zu vernachlässigen.

Es ist ein zweischneidiges Schwert, sicher wird den Eltern die Pflege so erleichtert. Was für das Kind besser ist, das wage ich nicht zu beurteilen.
Mastodon

Beitrag von Mastodon »

*Butterfly* hat geschrieben:Ich glaube, wie auch schon im Text gesagt, dass dadurch auch weitere ,,Ausbreitungen" der Behinderung bzw. weitere Erkrankungen vermieden werden können.
Es handelt sich hierbei um eine statische Enzephalopathie - statisch bedeutet, dass es keine Besserung oder Verschlechterung geben wird, der Krankheitszustand bleibt einfach so.
caro91

Beitrag von caro91 »

Ich kenn mich auf dem Gebiet nicht aus.
Daher hab ich Fragen:
Wenn ich richtig verstanden habe, wurde die ganze Entwicklung gestoppt.
Wäre es nicht möglich gewesen, was ich bezweife, dass ihr Gedächtnis sich weiter entwickelen könnte? Und haben diese Hormone keine Nachteile?
Wie langsam entwickeln sich die Kinder?

Es ist ein heikles Thema, da ich micht nicht in die Situation und Gedanken der 6- jährigen hineinverstzten kann. Keiner weiß wie anders sie wirklich denken.
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BrightBlueEyes
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Beitrag von BrightBlueEyes »

Ich sehe das so wie Maret und Sandra, das ist eine ganz schwierige Sache, denn wie haben hier ein Individuum, welches seine Meinung nicht äußern kann und solch schweren Operationen unterzogen werden soll.

Ich finde es einen massiven Eingriff, wenn einem Mädchen Gebärmutter, Eierstöcke und Brüste abgenommen werde sollen, dass sollte man sich sehr genau überlegen, schließlich greift man damit auch heftig in den Hormonhaushalt und die körperliche Entwicklung des Kindes ein.

Ich unterstelle den Eltern jetzt nicht, dass sie es nur machen um sich das Leben zu erleichtern, aber doch bin ich froh, dass in Deutschland so ein Eingriff nicht möglich wäre.

Ich selbst habe keine große Erfahrung mit geistig behinderten Kindern und kann mir nur vorstellen, dass es sehr schwer sein muss, denn ich bewundere schon die Eltern, die diese Kinder pflegen, ich weiß nicht ob ich das könnte.
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Amandil
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Beitrag von Amandil »

caro91 hat geschrieben:Es ist ein heikles Thema, da ich micht nicht in die Situation und Gedanken der 6- jährigen hineinverstzten kann. Keiner weiß wie anders sie wirklich denken.
Eben, das ist auch das Problem, das ich an der Sache sehe. Ich habe schon viele schwer geistig behinderte Kinder und Jugendliche kennengelernt, bei denen man zunächst das Gefühl hat, die bekommen doch überhaupt nichts von ihrer Umwelt mit und mit der Zeit merkst du, dass das überhaupt nicht stimmt! An kleinen Gesten oder Augenbewegungen, merkst du, wie stark sie ihre Umwelt wahrnehmen. Viele haben sogar einen sehr stark ausgeprägten Sinn für Sarkasmus (welcher geistig behinderten Menschen ja meist völlig abgeschrieben wird).
Deswegen wär ich mir jetzt nicht sicher, ob so ein schwerwiegender Eingriff in die Entwicklung und den Hormonhaushaltes des Kindes, nicht auch starke Auswirkungen auf seine Psyche hätte.

Ich will die Entscheidung der Eltern jetzt auch wirklich nicht verurteilen! Ich glaube, ich kann mir höchstens Ansatzweise vorstellen, was für eine Belastung das ist und umso länger ich in diesem Bereich zu tun habe, desto sicherer bin ich mir, dass ich so einer Aufgabe nicht gewachsen wäre...
Dennoch finde ich eben, dass eine solche Entscheidung mit Vorsicht zu betrachten ist, da man sich meiner Meinung nach, wie auch Sandra schon geschrieben hatte, eben nicht sicher sein kann, was für das Kind wirklich besser ist und welche Auswirkungen, von denen vielleicht noch keiner ahnt, das ganze noch haben könnte... Ich wär mir zumindest nicht sicher!
It was worth a wound - it was worth many wounds - to know the depth of loyalty and love which lay behind that cold mask.
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Petra
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Beitrag von Petra »

Ich schließe mich Maret, Sandra und BBE an. Auf der einen Seite ist es zu bewundern das die Eltern das durchhalten. Denn es kostet sehr viel kraft einen Menschen Tag für Tag, Jahr für Jahr pflegen zu müssen und sich darüber im klaren zu sein, dass sich der Gesundheitszustand nie ändern wird. Auf der anderen Seite haben sie mit diesen Operationen sehr stark in die Entwicklung eingegriffen. Wäre das wirklich notwendig gewesen? Wir werden es nicht erfahren, denn nun ist die Entwicklung gestoppt. Doch die Hauptperson kann sich dazu nicht äußern. Das Gefühl das man einfach über jemanden entscheidet hinterlässt bei mir auch ein mulmiges Gefühl. Es ist als würde da jemand Gott spielen. Es ist ja schön wenn die Eltern sich das Leben erleichtern möchten ( denn einfach ist es nun wirklich nicht), aber erleichtern sie auch ihrer Tochter damit das Leben?
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Liebe ist...
furikuri

Beitrag von furikuri »

Petra hat geschrieben:Es ist als würde da jemand Gott spielen.
Nun, aber das macht die Medizin sowieso schon jeden Tag ...
Glücksi

Beitrag von Glücksi »

furikuri hat geschrieben:
Petra hat geschrieben:Es ist als würde da jemand Gott spielen.
Nun, aber das macht die Medizin sowieso schon jeden Tag ...
Oh ja, das sehe ich auch so! - Oft zum Guten für die Kranken - zugegebenermaßen, aber sehr oft wird den Menschen durch ihr eingreifen nur ein würdevoller Tod verweigert. Es wird ihnen nicht ihr Leben verlängert, sondern ihr Sterben.


Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Eltern nicht erst zusammen mit den Ärzten alles abgewägt haben, so einen Eingriff macht man ja nicht mal eben so. Sie werden sich schon informiert haben wie sich das auf ihr Kind auswirkt, so wie ich es verstanden habe, war ja der Grund nicht der, dass sie eine Erleichterung für sich haben wollten, sondern das sie ihre Tochter auch noch weiterhin überall mit hinnehmen wollten, gerade weil ihnen bewußt ist, wieviel sie von der Umwelt mitbekommt. Da der geistige Stand sich sowieso nicht weiter entwickelt hätte, hat man ja eigentlich nur dafür gesorgt, dass der körperliche Stand mit dem geistigen auf einer Ebene bleibt.
Tabby & Jette

Beitrag von Tabby & Jette »

Wir können die Eltern eigentlich auch wirklich gut verstehen, auch weil sie dadurch die Möglichkeit bekommen Ashley leichter zu pflegen, weil sie leichter etc. ist. Aber vorallem finden wir auch irgendwie den Punkt mit der Würde wichtig, denn bei einem 6-jährigen Kind (das ist doch Ashleys körperlicher Zustand, oder?) ist es irgendwie noch "normaler" (ist eigentlich nicht das richtige Wort...), wenn es so gepflegt werden muss, wenn eine sagen wir mal 40-jährige nicht in der Lage wäre selbstständig den Kopf zu heben, wäre das irgendwie noch merkwürdiger.. Wir finden schon, dass Ashley damit ein gewisses Maß an Würde erhalten wird (nur das Würde für sie ja eigentlich "egal" ist, weil sie nicht in der Lage ist, so etwas wahrzunehmen...)

Andererseits klingt dieser Eingriff schon ziemlich heftig...ein Mensch soll für immer im Körper einer 6-jährigen gefangen gehalten werden...klingt für uns ehr nache inem schlechten Hollywood-Film als der Realität...Wir können uns echt schwer vorstellen, dass so etwas möglich ist. Ginge das eigentlich rein theoretisch auch bei "normalen" Menschen, dass sie so operiert werden, dass sie für immer Kinder bleiben und sich nicht weiter entwickeln? Und würden die dann auch auf dem geistigen Stand des derzeitigen Alters bleiben oder sich geistig weiter entwickeln? Weiß das jemand?! Its eigentlich sicher, dass diese Operation auch auf die Dauer keine Nebenwirkungen oder so hat? Ashley ist doch die erste, bei der soetwas gemacht wurde, oder?!
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Miha
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Beitrag von Miha »

Hallo, da möchte ich auch was zu sagen:

Ich habe einen schwerstbehinderten Bruder (7) und kann deshalb die Eltren auch sehr gut verstehen.

Ich weiß was das für eine gigantische psychische und physische Belastung ist.
Es wird jeden Tag schwerer das Kind hoch zu heben und er wird immer kräftiger - ich bin kaum noch in der Lage alleine damit fertig zu werden.
Man kann ihn nicht mehr einfach hochheben, wenn er sich auf den Boden wirft.

Was die Eltren getan haben, klingt vielleicht im errsten Moment brutal und unmenschlich - aber ein 6jähriges Kind ist Bleastung genug - je größer und kräftiger sie wird, desto unmöglicher wird es, sich um sie zu kümmern-
Am Ende wird sie an ihr Bett gefesselt - ist das wirklich menschlicher?
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